Bericht über das Forum-Seminar 2022 im Bildungshaus St. Magdalena


Das „Forum für Usher-Syndrom, Hörsehbeeinträchtigung und Taubblindheit“ veranstaltete vom 16. September bis 18. September 2022 ein Seminar für Betroffene, Angehörige und Interessierte.


Am Freitag war Anreise. Um 13:30 Uhr trafen sich die Teilnehmer:innen zu einer Führung durch das Haus. Da aufgrund unserer unterschiedlichen Bedürfnisse in der Kommunikation die Gruppe zu groß war, wurden wir in zwei Gruppen aufgeteilt. So konnten die Angestellten des Hauses uns die wichtigsten Räumlichkeiten wie den Speisesaal, die Seminarräume, die für uns reserviert waren und den Weg zu den Toiletten zeigen.


Um 14 Uhr wurden wir vom Organisationsteam begrüßt und gleich vorab organisatorisches geklärt. Nach der Vorstellungsrunde (Teilnehmer:innen und Assistenz bzw. Dolmetschung) ging es mit dem Programm los. Es wurde darauf hingewiesen, dass bei der Veranstaltung an diesen drei Tagen die Assistenz, Dolmetschung, Schriftdolmetschung und Begleitpersonen auch in den Pausen für eine barrierefreie Kommunikation zur Verfügung standen.

Bevor ich zu den Themen des Seminars komme, möchte ich erklären, dass für die Organisatoren ganz wichtig war, ALLEN Teilnehmer:innen einen BARRIEREFREIEN Zugang zu den Informationen zu ermöglichen. Folglich wurden Gebärdensprachdolmetscher:innen, Schriftdolmetscher und persönliche Assistenz gebeten, die Veranstaltung zu begleiten. Eine induktive Höranlage war vor Ort verlegt, sodass hochgradig hörbehinderte Personen akustisch barrierefrei den Vortragenden folgen konnten. Die Gesprächsdisziplin war sehr gut, da alle auf das Mikrofon warten mussten, bevor gesprochen werden durfte. Für stark sehbeeinträchtige Personen wurden mehrere Monitore aufgestellt, damit sie in ihrer benötigten Schriftgröße mitlesen konnten. In den Pausen wurde ein Austausch zwischen gehörlosen, hörenden, stark sehbeeinträchtigten und blinden Menschen ermöglicht, wodurch ein gutes Kennenlernen untereinander stattfinden konnte.


Am ersten Tag fanden parallel drei Workshops statt.


Die erste Gruppe mit dem Thema „Aufarbeitung der Erlebnisse aus Covid-Zeiten, Erfahrungsaustausch, Resümee, Lehren, Erkenntnisse“ wurde von Gerald Schiller und Robert Öllinger geleitet. Hier hatten die Teilnehmer die Möglichkeit, über ihre Erfahrungen während der Pandemie, ihre Ängste, die Kommunikationsschwierigkeiten, die durch das Masken tragen entstanden sind, zu reden und auch gemeinsam bessere Lösungen zu erarbeiten.


Die zweite Gruppe „Erfahrungsberichte zum Thema persönliche Assistenz aus unterschiedlichen Bundesländern“, wurde von Anita Schachinger und Jutta Schneeberger geleitet. Behandelt wurden die unterschiedlichen Vorgehensweisen in den Bundesländern, sowohl bei Antragsstellung für persönliche Assistenz als auch bei der Vergabe der Plätze. Interessant war, dass jedes Bundesland anders agiert und auch die Qualität der Assistenz sehr stark schwankt. Gegen Ende der Runde kamen auch Fragen zum Thema Pflegegeld auf. Dieses wichtige Thema wurde in einer eigenen Diskussionsrunde nach dem Abendessen behandelt.


In der dritten Gruppe konnten sich Angehörige (Eltern, Partner, Geschwister, etc.) über ihre Erfahrungen mit Betroffenen, über ihre Ängste und Sorgen austauschen.
Nach dem Abendessen fanden sich fast alle Teilnehmer:innen zum Thema Pflegegeld ein. Allein daran konnte man erkennen, wie wichtig dieses Thema ist. Das Gespräch ergab, dass die Pflegegeldstufe-Erhebung sich ausschließlich auf die Augen bezieht und die Schwerhörigkeit bzw. Taubheit fast keine Berücksichtigung findet. Die Belastung, die durch die doppelte Sinnesbehinderung entsteht, wird dadurch nicht erfasst.

Bildbeschreibung: Gruppenfoto mit Teilnehmer:innen, Dolmetscher:innen, Assistent:innen, Organisationsteam und Vorstand des Forum-Seminar 2022


Am Samstag konnten noch vor dem Frühstück einige Teilnehmer:innen beim Yoga mit Ilka Fichtner mitmachen. Frau Fichtner ist selbst Usher-Syndrom Betroffene, weshalb sie auf die unterschiedlichen Bedürfnisse aus eigener Erfahrung eingehen konnte.

Nach dem Frühstück startete OA Priv.-Doz. Dr. med. Rupert Strauß mit seinem Vortrag „Aktuelle Therapieansätze bei retinalen Dystrophien“. Er begann mit der Erklärung zum Aufbau des Auges. Verschiedene Studien belegten, dass je nach Stärke der Sehbeeinträchtigung unterschiedlicher psychischer bzw. seelischer Druck auf die Patienten ausgeübt wird. Weiters erklärte er in einfachen Worten die Vererbung des Usher-Syndroms. Dr. Strauß konnte das anhand von Studien in den USA erklären und daraus resultierende Gentherapie-Methoden erläutern. Er erklärte verschiedene Therapiemöglichkeiten, unter anderem auch die Stammzellentherapie. Der Vortragende berichtete, dass er an einer Forschung teilgenommen hat und nun daran arbeitet, eine Zulassung für eine Studie an Menschen in Graz zu erhalten. Diese Studie soll vier Jahre dauern. Über Kriterien bzw. Voraussetzungen, die zu erfüllen sind, wird Dr. Strauß zu gegebener Zeit berichten. Das Interesse der Teilnehmer:innen war groß.

Bildbeschreibung: Dr.Strauß hält einen Vortrag (Leinwand). Teilnehmer:innen, Assistenz und
Dolmetschung nehmen sitzend/stehend an Tischen daran teil.


Nach dem Mittagessen waren Aktivitäten im Freien geplant. Aufgrund des Schlechtwetters mussten sie in die Räumlichkeiten des Hotels verlegt werden. Man konnte wieder bei Yoga mitmachen. Alternativ konnten bei einem Kennenlernspiel Teilnehmer:innen paarweise aus einem Fragenkatalog gegenseitige Fragen beantworten. Der restliche Nachmittag diente der Erholung und dem Austausch.


Am Sonntag wurden drei Gruppen gebildet, die im Rahmen einer sogenannten „Zukunftswerkstatt“ zu folgenden Themen diskutierten: Politik, Verein und Seminar 2024. In der Gruppe „Politik“ wurde vor allem besprochen, wie man unsere Forderungen (zu Themen wie persönliche Assistenz, Pflegegeld, etc.) auf politischer Ebene besser vertreten könnte. In den beiden anderen Gruppen wurden die Tätigkeit des Forums Usher Taubblind Österreich sowie die bisherigen Erfahrungen aus dem Forum-Seminar analysiert und Verbesserungsvorschläge für die Zukunft erarbeitet. Die Gruppen durften nach der Diskussion ihre Ergebnisse präsentieren. Dr. Johannes Fellinger besuchte an diesem Tag die Versammlung und kommentierte die Präsentationen.

Bildbeschreibung: Teilnehmer:innen, Assistenz und Dolmetschung sitzen im Kreis auf Stühlen und kommunzieren miteinander.


Für mich war es schön zu erleben, wie nach nur drei Tagen mithilfe unterschiedlicher Kommunikationsformen aus Fremden eine Gemeinschaft erwachsen konnte.

Jutta Schneeberger, Oktober 2022

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