„Usher Syndrom“, auch „Usher-Syndrom“, selten „Ushersyndrom“ geschrieben, in Fachkreisen meist als „Usher Syndrom“ oder „Morbus Usher“ zu lesen, auf Englisch: „Usher Syndrome“

 

Usher Syndrom ist eine erblich bedingte seltene Erkrankung mit Hörstörung und Sehstörung, welche je nach Subtyp zu Hörsehbeeinträchtigung unterschiedlichsten Ausmaßes  bis hin zur Taubblindheit führt. Usher Syndrom ist die häufigste Ursache für erworbene Hörsehbeeinträchtigung und Taubblindheit (mehr als 50%).

 

Auf gebärdenwelt.tv hier findet sich ein Beitrag über das Usher Syndrom mit Untertitelung und Transkript. Hier befindet sich eine Video mit Textbeschreibung, wie eine Person mit Usher Syndrom die Welt hört und sieht.


Kennen Sie Usher?

Von Dominique Sturz (September 2016)

 

Das Usher Syndrom ist eine erblich bedingte seltene Erkrankung mit kombinierter Hörsehbeeinträchtigung unterschiedlichster Ausprägung je nach Subtyp, die oft auch mit einer Störung des Gleichgewichtssinns einhergeht, und ist häufigste Ursache für Taubblindheit. Bei jedem zweiten Patienten, der Gehörlosigkeit in Kombination mit Blindheit (Usher 1, 2 oder 3) aufweist, ist das Usher Syndrom der Auslöser. Jedes zehnte Kind mit angeborener Taubheit weist Usher Syndrom (Usher 1) als Ursache auf.

 

Das Usher Syndrom erhielt seine Bezeichnung von dem englischen Augenarzt Charles H. Usher, der 1914 die rezessive Vererbung des Syndroms beschrieb. Erstmals erwähnt wurde die Erkrankung 1858 durch den Begründer der modernen Augenheilkunde Albrecht von Graefe.

Man spricht dann von einer syndromalen Erkrankung, wenn ein und dieselbe Ursache mehrere Symptome zeigt. Dem Usher Syndrom liegt eine Genmutation zugrunde – 12 verschiedene Usher Gene sind derzeit identifiziert – welche eine Störung des Hörsinns, des Sehsinns und des Gleichgewichtssinns zur Folge hat.

 

Hörsinn: Kinder mit Usher Syndrom werden taub geboren (Usher 1) oder mit geringem Hörverlust (Usher 2 und 3), welcher mit fortschreitendem Alter zunimmt. Hier schaffen die rechtzeitige Versorgung mit Cochlea Implantaten oder Hörgeräten sowie (vor der Erblindung) der Einsatz von Gebärdensprache Abhilfe. Mit fortschreitendem Sehverlust und ohne CI-Versorgung wird als Kommunikationsform die taktile Gebärdensprache und das Formen eingesetzt.

 

Sehsinn: der fortschreitende Sehverlust beim Usher Syndrom wird durch die sogenannte RP – Retinopathia pigmentosa – verursacht, welche ein Absterben der Netzhautzellen (Stäbchen sind für das Sehen im Dunkeln verantwortlich, Zäpfchen sind für die Sehschärfe zuständig) zur Folge hat. Die Stäbchen sind zuerst betroffen, es kommt zur Nachtblindheit, diese ist das erste erkennbare Symptom des beginnenden Sehverlusts. Das Gesichtsfeld wird fortlaufend immer stärker eingeschränkt, die Zäpfchen folgen, die Sehschärfe nimmt ab, es kommt zum Tunnelblick bis hin zur Erblindung mit meist geringfügigen Sehresten, welche mit Hilfsmitteln auch in hohem Alter oft noch zum Lesen eingesetzt werden können.

 

Gleichgewichtssinn: beim Gleichgewicht spielen visuelle Informationen eine große Rolle, ebenso das binaurale Hören, und natürlich das Gleichgewichtsorgan selbst. Durch den Hör-Sehverlust ist das Gleichgewicht je nach Ausprägung unterschiedlich stark beeinträchtigt und kann durch Training (Sport!) positiv beeinflusst werden.

 

Auf Grund des klinischen Bildes unterscheidet man nun folgende drei Subtypen:

 

Usher 1: angeborene Taubheit, Nachtblindheit, Gesichtsfeldeinschränkung und Visusabfall im ersten Lebensjahrzehnt feststellbar, Nachtblindheit ab dem Kleinkindalter (Untergruppen: z.B. Usher 1b mit 25% insgesamt am häufigsten, weitere Untergruppen Usher 1c, 1d… bis 1j derzeit bekannt, die Buchstaben stehen für den jeweiligen zugrundeliegenden Gendefekt, im Falle von Usher 1b z.B. handelt es sich um eine Myosin 7a Mutation)

 

Usher 2: mittlere bis hochgradige Schwerhörigkeit von Geburt an, fortschreitend, Sehverlust etwas später, ca. ab dem zweiten Lebensjahrzehnt, feststellbar (Untergruppen a, b, c und d, 2a am häufigsten, ca. 50% insgesamt)

 

Usher 3: langsam zunehmende Schwerhörigkeit und Sehverlust (Untergruppe a, sehr seltene Form, kommt insbesondere in Finnland vor, Untergruppe b neu identifiziert)

 

Die Zahlen über die Häufigkeit des Usher-Syndroms variieren, amerikansichen Schätzungen zufolge beträgt die Zahl der Betroffenen in den USA 45 000 und in Europa 15 000. Rund um Heidelberg, dies ist ein Gebiet mit hohem Erfassungsgrad, kommt man auf eine Häufigkeit von 6 bis 7 Betroffenen pro 100 000. Dies würde für Deutschland eine Patientenzahl von rund 5 000 und für Österreich von rund 500 ergeben. Nach den Berechnungen aus den USA würde man in Deutschland auf 10.000 und Österreich auf 1.000 kommen, die Zahlen aus den USA sind wegen der höheren Erfassungsrate wesentlich realistischer. Mit höherer Erfassungsrate (Frühdiagnostik mittels Gentest) spricht man neuerdings sogar von 16 bis 20 Usher Betroffenen pro 100.000. Das ergibt in Österreich 1.200. Ca. weitere 1.000 Menschen in Österreich leben mit einer Hörsehbeeinträchtigung bis hin zur Taubblinheit anderer Ursache als Usher Syndrom. Da aber im Regelfall Patienten gar nicht oder erst im Spätstadium erfasst werden, kann man überhaupt von einer höheren Häufigkeit ausgehen. Die Seltenheit des Usher Syndroms, welches auch von der EURORDIS (European Organisatione for Rare Diseases) als Rare Disease definiert ist, resultiert aus dem sogenannten rezessiven Erbgang, bei welchem beide Elternteile dieselbe Mutation auf demselben Gen an ihr Kind übertragen müssen, damit sich die Erkrankung manifestiert. Gibt ein Elternteil eine mutierte und der andere eine gesunde Kopie desselben Gens weiter, ist das Kind Träger der Erkrankung, ist selbst aber nicht betroffen. Bei 10% der Kinder, die taub geboren sind, ist das Usher Syndrom (Usher 1) die Ursache für die Taubheit.

 

Durch einen Gentest bei Kindern mit Hörstörungen könnte das Vorliegen eines Usher Syndroms frühzeitig erkannt oder ausgeschlossen werden… Generell könnte ein Gentest bei Vorliegen einer klinisch festgestellten Hör- und/oder Sehbeeinträchtigung sofort Klarheit verschaffen, um die nötigen Schritte einzuleiten, die Betroffenen zu erfassen, um sie miteinander zu vernetzen, die so wichtigen Zahlen für Gesundheits- und Sozialpolitik zu erhalten.

© Dominique Sturz

 

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