Braille-Kurs auf Distanz – geht das?

 

Ich lernte Susanne Buchner-Sabathy bei einer Veranstaltung im Herbst 2019 kennen. Wir saßen nebeneinander und kamen in der Pause ins Gespräch. Da ich Interesse an Braille-Schrift zeigte, erwähnte sie, dass sie ab Jänner / Februar einen Braille-Kurs für Anfänger plant. Also tauschten wir die Kontaktdaten aus.

 

Tatsächlich kam der Kurs ab Februar 2020 zustande. Ich lernte nette Leute kennen. Wir starteten mit den Selbstlauten und einige wenige Konsonanten. Wichtig war, täglich fünf Minuten zu üben, damit die Nervenenden in den Fingerspitzen sich entwickeln können. Jede Woche kamen neue Buchstaben dazu. Nach der sechsten Stunde das Aus: Corona hatte zugeschlagen. Die restlichen geplanten Stunden wurden storniert. Mit der Zeit wurde uns klar, dass der Präsenzunterricht wie bisher noch länger nicht stattfinden können wird. Susanne rief mich eines Tages an und fragte, ob ich bereit wäre, auch über das Telefon in Konferenzschaltung mitzumachen.

Braille – Kurs am Telefon? Aufgrund meiner lebenslangen Erfahrung als Schwerhörige ist für mich Telefonieren so ziemlich das Letzte, was ich gerne mache. Dann auch noch telefonisch lernen? Werde ich sie auch verstehen? Und gleich alle Teilnehmer:innen auf einmal? Schließlich waren wir ja insgesamt sieben Schüler:innen und zwei Lehrerinnen.

 

Jutta Schneeberger sitzt mit blauer Jacke am Tisch in der Holzstube. Sie liest Braille-Schrift. Mit der rechten Hand (Fingerspitze) wird gelesen und die linke Hand folgt der Zeile.

Diese Bedenken äußerte ich auch. Zum Glück habe ich zu meinem Hörsystem ein Zubehör, mit dem ich gut telefonieren kann. Dieses Zubehör wird an meine Jacke oder Bluse gesteckt und per Bluetooth mit meinem Hörsystem verbunden. So habe ich beide Hände frei. Also fragte ich, ob wir nicht vorher noch eine Konferenzschaltung zumindest zu dritt vereinbaren können, damit ich einmal erste Erfahrungen machen und probieren kann, wie gut ich verstehe. Es klappte und ich sagte zu. In diesem Kurs nahm auch ein weiteres Mitglied des Forums Usher Taubblind teil. So wurden wir zwei mit Susanne zu einem Kleinkurs zusammengefasst. Vier weitere Teilnehmer:innen des Präsenzkurses wurden in eine eigene Telefongruppe zusammengefasst und von Margarete betreut. Schließlich konnten wir im Oktober die restlichen vier noch fehlenden Stunden nachholen.

 

Es war für mich ein neues Erlebnis, mit mehreren Teilnehmerinnen gleichzeitig ein Gespräch zu führen. Bisher kannte ich das nur über die Fernsprecheinrichtung, und da konnte ich oft nicht gut verstehen. Grundsätzlich lief der Braille-Kurs auf Distanz sehr gut. Manchmal wurde eine Gesprächspartnerin leiser. Das meldete ich aber sofort und das Mikrofon wurde neu ausgerichtet. Wir konnten in den letzten Stunden die restlichen Buchstaben des Alphabets lernen. Es war sehr nett, aber doch auch sehr anstrengend. Schließlich musste ich mich auf das Gespräch UND auf die Braille-Schrift konzentrieren. Trotzdem hat es mir Spaß gemacht – nur telefonieren wollte ich an diesen Tagen nach der Kurseinheit nicht mehr. 😊

Jetzt heißt es, weiter üben und dran bleiben. Ehrlich gesagt, so kurz vor Weihnachten habe ich leider deutlich nachgelassen. Aber ich habe mir fest vorgenommen, nach den Feiertagen weiter zu machen.

 

Ein Dankeschön an Susanne, die den Kurs mit Margarete sehr gut organisiert hat und auch in der Kleingruppe sofort reagiert hat, sobald kleine Probleme auftauchten, die lösbar waren.

 

Jutta Schneeberger, Usher-Syndrom, Dezember 2020

Spenden: IBAN: AT81 1200 0100 1826 9877, BIC: BKAUATWW, UniCredit Bank Austria