Ein Bericht zum Usher Seminar 6.-10. Juni 2018 in Saulgrub, Bayern

Ich durfte beim diesjährigen Usher Seminar, welches jährlich von unserem Kooperationspartner Leben mit Usher-Syndrom e.V. organisiert wird, dabei sein. Es fand vom 6.-10. Juni 2018 im idylischen Hochmoorgebiet nahe des kleinen Ortes Saulgrub in Bayern statt. Am kleinen Bahnhof in Saulgrub angekommen, traf ich bereits zahlreiche Menschen mit Blindenstöcken und Hörgeräten/Ci´s, wonach es zu erahnen war, dass wir die nächsten Tage alle das gleiche Ziel haben würden. Wir wurden von einem organisierten Taxidienst, welchen man übers Hotel mitbuchen konnte, zu unserem abgelegenen Hotel gebracht. Bei unserer Ankunft an der Rezeption zeigte und erklärte uns eine Person alles Wichtige rund ums Hotel. Das Hotel ist sehr praktisch und schlicht gehalten; angefangen vom großen Schlüssel, Handleitsystemen, induktiver Anlage an der Rezeption, durchgehend hohem Kontrast, großer Schrift am Fluchtplan, knallroten Duschköpfen/Armaturen und Lichtschaltern bis hin zu selbstöffnenden Türen. So stelle ich mir nahezu vollständig umgesetzte Barrierefreiheit vor! Beim Besuch der Workshops und Seminare erhielten wir je nach Wunsch qualitative Audiogeräte zur Verfügung gestellt. Wir hielten uns in den kommenden Tagen die meiste Zeit am gleichen Ort auf und hatten auch immer die gleichen Sitzplätze. Beim Eintrudeln aller Teilnehmer_innen beim ersten Seminar war es für mich sehr angenehm, immer wieder die Stimme von Michaela Jojoba, einer der Organisatorinnen des Usher Seminars zu hören, während wir alle versuchten unsere Plätze, Audiogeräte und Kolleg_innen zu finden. Nach der spannenden Vorstellungsrunde aller 40 Teilnehmer_innen stellte ich fest, dass viele Personen sich schon lange kannten und jährlich zu diesem Seminar fuhren. Es gab aber genauso Neulinge wie ich, welche alles auf sich zukommen ließen. Aus Österreich waren Stefan und ich vertreten. Das Programm mit den unterschiedlichsten Seminaren und Workshops war sehr bunt durchgemischt, womit für jederman* etwas Interessantes dabei war. Besonders gefallen haben mir folgende Vorträge und Workshops: Der vielfältige Bericht von Beatrice Geißler aus dem Organisatorinnenteam des Usher Seminars über die „Auswertung der Zukunftswerkstatt 2017“. Sehr spannend war der Vortrag von Frau Schmitt-Licht und Feneis-Schuster vom Fachverband für Menschen mit Hör- und Sprachbehinderung e.V. „Die Welt ist laut – Umgang mit Störschall bei Schwerhörigkeit“ und der kreativ-interaktive Workshop von Mona Pomrehn über „Resilienz – das Immunsystem der Seele stärken“. Beim Freizeitprogramm gefiel mir sowohl die Einführung von Judith Bünger zum fetzigen Line Dance als auch das „Therapeutische Tanzen für Usher Betroffene“ von Christine Pöllman sehr gut. Besonders spannend war für mich die Möglichkeit, dass das Hotel ortskundige Wanderbegleitung organisieren konnte: rechtzeitig bekanntgegeben kamen Freiwillige, welche mit flexiblen Bändern ausgestattet ein selbstständiges Wandern nach deinem Tempo ermöglichten. Neben dem vielseitigen Programm gab es leckeres Frühstück, abwechslungsreiches Mittagessen und Abendessen und ein sehr aufmerksames Personal, welches geduldig auf unsere Wünsche und Bedürfnisse unterschiedlichster Art einging. Am Abend teilte sich jede_r die Freizeit so ein, wie es ihm_ihr am besten gefiel. Die Einen verbrachten die Zeit zur Erholung in ihren ruhigen Zimmern, gingen schwimmen, spazieren, relaxen oder in die Sauna. Die Anderen nutzen die verbleibende Zeit sich untereinander bei einer Tasse Tee/Kaffee, Glas Wein oder auch Bier auszutauschen bzw. sich kennenzulernen. So konnte man* völlig verteilt, Grüppchen- oder Paarweise sich überall anschließen und mitreden. Die selbstverständliche Offenheit und das Verständnis füreinander waren sehr angenehm. Aber auch der Spaß, „blödsinniges Reden“ und das Kennenlernen eines hochprozentigen Hochmoorschnapses ließen ein Gefühl der Unbeschwertheit entstehen. Trotz der fünf programmreichen Tage und zahlreicher Gelegenheiten, war es nicht möglich alle Teilnehmer_innen besser kennenzulernen oder sich mit allen auszutauschen. An den letzten beiden Tagen begriff ich erst, warum es viele Teilnehmer_innen immer wieder zu diesem Usher Seminaren antrieb. Es entstanden nach den eindrücklichen Gesprächen Freundschaften und Respekt füreinander, welche dazu beitrugen, dass vor allem das Gefühl des allein-seins mit einer seltenen Behinderung sich auflöste. So fiel der Abschied nicht nur aufgrund des gegenseitigen Findens sondern auch aufgrund des eintretenden Fernwehs schwer. Alles in allem werde ich die schöne Zeit sehr vermissen und freue mich auf zukunftsweisende weitere tolle Begegnungen. Uns vom Forum ist es nun sehr wichtig, so ein ähnliches Angebot für unsere Mitglieder in Österreich anzubieten. Deswegen arbeiten wir derzeit intensiv daran, dieses Ziel umzusetzen!

von Lydia Kremslehner,  Juli 2018

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